Peggy Guggenheim: Art Addict
Lisa Immordino Vreeland, USA, GB, Italie, 2015o
Libre et avant-gardiste, Peggy Guggenheim a traversé les bouleversements du XXème siècle aux côtés d’artistes qu’elle a fait connaître mondialement. Elle a notamment révélé le talent de Jackson Pollock, Alexander Calder ou encore Max Ernst. Des entretiens inédits de Peggy Guggenheim elle-même ainsi que des témoignages d’artistes et de critiques d’arts mettent en lumière la vocation et la vie tumultueuse de cette grande collectionneuse et icône de l’art moderne.
De cette forte femme qui osa affronter Duchamp, Dali, Giacometti, épousa Max Ernst l'infidèle, aima Pollock grâce à Mondrian, l'histoire retient le succès transatlantique entre New York et Venise, la puissance mirifique digne de sa dynastie new-yorkaise, l'exemple de son oncle, fort de son extraordinaire Solomon R. Guggenheim Museum dessiné par Frank Lloyd Wright sur Fifth Avenue.
Valérie DuponchelleEmaillé de divers témoignages (galeristes, artistes, historiens) et d'extraits d'une longue interview audio inédite (qu'elle accorda à la fin de sa vie à sa biographe), le documentaire rend parfaitement compte d'une existence bien remplie.
Jacques MoriceEin Leben als Jahrhundertbiografie: Um es begreifbar zu machen, redete die Dokumentarfilmerin Lisa Immordino Vreeland mit unzähligen Kunstsachverständigen. Vor allem aber grub sie verschwunden geglaubte Tonaufnahmen von Interviews mit Peggy Guggenheim aus. Man könnte dem Film vorhalten, dass darin auch viel Klatsch gestreut wird, doch hätte dies die Dampfplauderin Guggenheim vermutlich als Letzte gestört.
aseFluchthelferin der europäischen Kunst während des Kriegs und Hebamme für amerikanischen Nachkriegskünstler, unbeirrbare Sammlerin, unabhängige Frau und schillernde Mode-Ikone. Die Dokumentation von Lisa Immordino Vreeland über die berühmte Mäzenin ist so flirrend originell wie diese selbst und zeigt hinter der selbstbewussten Fassade auch Brüche und Unsicherheiten. Der Clou ist ein verschollen geglaubtes Tonband-Interview, auf dem Peggy selbst Bilanz zieht: Alt werden sei schrecklich, am meisten vermisse sie den Sex ...
Anke SterneborgDer Dokumentarfilm Peggy Guggenheim: Ein Leben für die Kunst von Lisa Immordino Vreeland zeichnet ein facettenreiches Bild der berühmten Kunst-Ikone: Ein Leben im kulturellen Umbruch des 20. Jahrhunderts, das von Affären und Beziehungen zu einigen der größten Künstler des letzten Jahrhunderts geprägt war. Ihre Leidenschaft ließ Peggy Guggenheim zu einer der einflussreichsten amerikanischen Kunstmäzeninnen, Sammlerinnen und Galeristinnen moderner Kunst werden.
Bisher verschwunden geglaubte Tonaufnahmen von Interviews mit Peggy Guggenheim bringen den sensiblen und temperamentvollen Charakter der schillernden Kunstfigur ans Licht. Ihre Erzählungen werden dabei von einem umfangreichen Foto- und Filmarchiv unterstrichen.
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Peggy Guggenheim war die bedeutendste Kunstsammlerin des vergangenen Jahrhunderts. Fast ebenso publikumswirksam sammelte sie Liebhaber. Lisa Immordino Vreeland erklärt uns die schillernde Frau in ihrem Dokumentarfilm.
Ms Vreeland, die grosse Peggy-Guggenheim-Frage ist ja die: Hatte die Frau ein unglaubliches Händchen, oder war ihr Geschmack den Männern an ihrer Seite geschuldet?
Beides. Peggy traf ein paar sehr kluge Entscheidungen. Die erste war, sich Marcel Duchamp als Lehrer zu nehmen. Er musste allerdings auch etwas in ihr gesehen haben, sie bezahlte den Mann ja nicht. Auch war es nicht so, dass ihr die ganze Zeit irgendwelche Kunstberater die Hand gehalten hätten. Am Ende musste sie selbst entscheiden. Sie hatte a) den Instinkt und b) das grosse Verlangen, eine solche Sammlung aufzubauen.
Sammelte sie Männer, so wie sie Kunst sammelte?
Kann man wohl sagen! Bei den Männern traf sie aber auch wirklich schlechte Entscheidungen. Ihr erster Ehemann, der französische Künstler Laurence Vail, war gewalttätig und schlug sie. Unglücklich war auch die Liebe zum Schriftsteller John Holms, einem Alkoholiker, der früh starb.
Ihr zweiter Ehemann Max Ernst verliess sie für eine Malerin, die damals in Peggys New Yorker Galerie Art of This Century ausstellte.
Peggy zeigte in dieser Ausstellung Arbeiten von 31 Frauen. «Da habe ich einen Fehler gemacht», sagte sie danach: «Ich hätte nur 30 Frauen ausstellen sollen.» Einmal war sie auch mit einem Kommunisten zusammen. Dazu sagte sie: «Ich kann nicht mehr. Ich fühle mich, als würde ich täglich Befehle aus Russland empfangen.» Oder dann die letzte Liebe ihres Lebens, ein bildschöner Italiener: Er starb in einem Rennauto, das sie ihm geschenkt hatte.
Peggy war ein Teenager, als ihr Vater mit der Titanic unterging. Die heimliche Geliebte des Vaters überlebte. Liegt da irgendwo der tiefere Grund für Peggys ausschweifendes Liebesleben begraben?
Ich bin keine Psychoanalytikerin, aber es klingt plausibel: Peggy weiss nicht, was Treue bedeutet, und sie sucht in den Liebhabern die fehlende Vaterfigur. Die Art, wie sie ihre Sexualität auslebte, hat ihr jedenfalls gutgetan, denn sie war sehr unsicher, was ihr Äusseres anging. Und dann bekam sie die Aufmerksamkeit von all diesen coolen Künstlertypen! Man darf aber nicht vergessen: Es gab in den 20er- und 30er-Jahren viele Frauen, die ihre Sexualität exzessiv ausgelebt haben, nur hat keine darüber ein Buch geschrieben. Peggy tat es. Und ich bewundere sie dafür.
In Ihrem Film wird der Kurator Diego Cortez gefragt, was er von Peggy gerne gewusst hätte. Antwort: «Wie war Samuel Beckett im Bett?»
(lacht) Übrigens: Beckett stand auch ein bisschen auf Männer.
Aber ist es nicht unverschämt, Peggy Guggenheim auf eine Fussnote aus Becketts Sexleben zu reduzieren?
Ein bisschen ist sie selber schuld: Man nahm sie nicht ernst wegen der Sachen, die sie über ihre Liebhaber geschrieben hatte. Ausserdem war sie eine wohlhabende Erbin. Man unterschätzte ihre Leistung. Das hat sich aber geändert. Und Diego Cortez ist auch einfach gerne boshaft.
Leute im Film nennen sie geizig. Wie kann eine Person geizig sein, die tonnenweise Kunst vor den Nazis gerettet hat, fast jeden Tag ein Kunstwerk kaufte und viele Künstler finanziell unterstützte?
Sie hat alles in die Kunst gesteckt. Sie dachte, sie müsse sparsam sein, um sich die Kunst leisten zu können. Man erzählte mir, wie miserabel das Essen bei ihr zu Hause war. Oder dass sie die Äpfel in der Küche gezählt habe, weil sie befürchtete, die Hausangestellten würden sich bedienen.
Sie half auch Künstlern wie Max Ernst oder André Breton bei der Flucht vor den Nazis.
Was sie im Zweiten Weltkrieg getan hat, war tollkühn. Aber sie wollte einfach helfen. Die Gefahr, der sie sich aussetzte, hat sie ausgeblendet.
Sie war Jüdin. Spielte das eine Rolle?
Sie war keinesfalls orthodox, ich weiss nicht einmal, ob sie eine Bat-Mitzwa hatte. Sie erzog ihre Kinder später auch nicht religiös. Als sie sich im Zweiten Weltkrieg im Hilfskomitee des Journalisten Varian Fry engagierte, das Flüchtlingen die Ausreise aus dem Vichy-Regime ermöglichte, tat sie dies, denke ich, nicht wegen ihres jüdischen Hintergrunds, sondern es ging ihr darum, die Intellektuellen zu retten, die Kreativen.
Man ist überrascht, plötzlich Robert De Niro in Ihrem Film auftauchen zu sehen.
Seine Eltern, die ja Künstler waren, gehörten zum Kreis um Peggy Guggenheim. Mit De Niro war eine halbe Stunde für das Interview vorgesehen, am Ende sprachen wir viel länger. Er ist kein geübter Redner, weil er so sehr daran gewöhnt ist, alles nach Drehbuch aufzusagen. Aber es entwickelte sich ein grossartiges, sehr emotionales Gespräch, denn er hatte ein kompliziertes Verhältnis zum Vater.
Kennt sich De Niro aus mit Kunst?
Nein! Gar nicht! Es war ziemlich lustig. (lacht)
Im Film kommt auch der Megakunstdealer Larry Gagosian zu Wort. Was ist der Unterschied zwischen Guggenheim und Gagosian?
Larry ist ähnlich leidenschaftlich, und er ist auch ein Autodidakt. Er war ein Posterverkäufer, jetzt bestimmt er seine eigenen Preise. Klar, Preise, wie er sie verlangt, wären Peggy jenseitig vorgekommen. Man muss aber auch sagen: Larry gilt als superkommerziell, doch wenn man sich mit ihm unterhält, merkt man, der macht alles aus Liebe zur Kunst. Und das war bei Peggy nicht anders. Was zu ihrer Zeit hingegen anders war: Da gab es noch einen Gedankenaustausch in der Kunstwelt. Heute sitzen all diese Megakünstler voneinander abgeschieden in ihren Ateliers, und jeder kocht sein eigenes Süppchen.
Wen würde Peggy Guggenheim heute sammeln?
Sie hat sich irgendwann abgekoppelt. Die Jasper-Johns-Ära hat sie nicht mehr mitgemacht, ebenso Rauschenberg, Warhol. Für die Biennalen hatte sie auch nur ein müdes Lächeln übrig. Als sie nach Venedig kam, war das eine andere Stadt. Sie kam da rein und sagte: «Hallo, hier bin ich, eine geschiedene Amerikanerin mit einer abartigen Sammlung, und übrigens, ich liebe Sex.» Ob sie sich in der heutigen Kunstwelt zurechtfinden würde? Ich weiss es nicht. Plus: Sie könnte sich bei den herrschenden Preisen kaum mehr etwas leisten.