Les petites fugues
Yves Yersin, France, Suisse, 1979o
Vieux valet de ferme, il y a 30 ans que Pipe travaille chez les Duperrex. A 66 ans, il s'achète un vélomoteur. Dès lors, une transformation s'opère en lui. Petit à petit, la trajectoire de Pipe perturbe le fonctionnement de la ferme et met en question les gens qui y vivent. L'évolution de Pipe coïncide en effet avec une période de bouleversement et de crises dans la vie de la ferme et de la famille Duperrex. Le récit fait l'alternance entre d'une part la vie quotidienne de la ferme et d'autre part sept voyages entrepris en solitaire par Pipe: les fugues. Chaque fugue raconte à la manière d'une fable comment Pipe vit, telle une initiation, la prise en main de sa propre existence et la découverte de sa personnalité. Ce film désigne symboliquement un itinéraire vers un devenir qui nous paraît désirable: l'autonomie.
Gute vierzig Jahre nach der Premiere sollte man es nicht mehr aus der Welt reden: Ein paar Längen gibt es schon in diesen 145 Minuten sanfter Subordination auf einem westschweizer Bauernhof. Doch Yves Yersins ethnografischer Blick, der die Poesie, den Mief und das Kuriose am Landleben so unbestechlich wie mitfühlend verzeichnet, stellt auch ein bleibende Qualität dar, und in den besten Momenten, etwa bei Pipes verpasster Kurve während der esten Mofafahrt, kommen Komik und Tragik unwiderstehlich zusammen. Noch immer bestechend zudem die sanft-subversive Lust des Films, der den jungen italienischen Saisonier zum natürlichen Verbündeten des alten Knechts macht und die rebellische Tochter des Hauses zum rechtlosen Ausländer bettet. Wunderbar doppelbödig schliesslich die Anspielungen auf die Macht des Kamerauges, wenn der alte Pipe zusätzlichen Aufruhr verursacht, nachdem er bei einer Tombola einen Fotoapparat gewonnen hat. Mit kindlicher Naivität hält er fest, was er sieht, manchen ist das schon zu viel.
Andreas FurlerUn beau film secret et poétique, qui demande un effort pour être goûté dans sa lenteur et sa délicatesse.
François BoniniOhne hochtrabende Dialoge und mit sehr zurückhaltendem Einsatz von Musik bietet uns Yves Yersin (in seinem einzigen Spielfilm) ein reichhaltiges Kondensat an bittersüsser Poesie, das in seiner Aussage noch heute von Relevanz ist: Es ist nie zu spät, den eigenen Horizont zu erweitern und sich, wenn auch nur mental, kleine freudige Momente der Emanzipation und Freiheit zu erlauben. (Auszug)
Cristina TrezziniGalerie photoso
Am Donnerstag starb der Filmregisseur Yves Yersin in seiner Waadtländer Heimat. Er wurde 76 Jahre alt.
Es ist einer gegangen, zu früh, der uns oft vom Entschwinden erzählt hat in seinen Filmen. In Bildern und Tönen und Geschichten voll liebenswürdiger Melancholie und in der Hoffnung, es bleibe doch noch etwas von einer Zeit, als alte Kenntnisse und eine freundliche, widerspenstige Gemächlichkeit noch in Harmonie standen mit der Gegenwart. Man könnte die Filme von Yves Yersin, der jetzt gestorben ist, sehnsüchtig nennen. Und doch sind sie ungemein wirklichkeitshaltig, denn die konservative, bewahrende Unvernunft, die in ihnen steckte, weiss sehr gut, dass sie keine Chance hat gegen die Realität.
Mit «Die letzten Heimposamenter» (1974) begann Yersins unverwechselbare, zärtliche Erzählarbeit so richtig, das ist: mit einem Dokumentarfilm, der vom Sterben einer Lebensart handelte, von der Seidenbandweberei im oberen Baselbiet, von Erinnerungen an Schlafkammern, in denen es im Winter durch die Decke schneite, und an Kinderbetten in Kommodenschubladen, weil in den guten Stuben Platz sein musste für die Webstühle. Mit «Tableau noir» (2013) endete sie, diese Arbeit des dokumentierenden Erinnerns. Das war die Geschichte des Lehrers Hirschi aus Derrière-Pertuis im Jura, der einer letzten Klasse an seiner kleinen Gesamtschule noch einmal, die Rechtschreibung, das Rechnen und den menschlichen Anstand beibrachte, bevor die Behörden ihm seine Schule zusperrten. Weil die bildungspolitischen Budgets keine Ausnahmen vorsehen für individuelle Idylle. Der Lehrer Hirschi hatte aber zuvor einen guten Kampf gekämpft und hat im Weiler Derrière-Pertuis Spuren hinterlassen. Sodass seine Träume und die Versuche, sie zu verwirklichen, nicht vergeblich waren.
Darin glich der Hirschi ganz dem Knecht Pipe aus Yves Yersins grossartigem, einzigartigem Spielfilm «Les petites fugues» (1979). Der steht wie ein Denkmal aus realistischem, verträumtem Möglichkeitssinn zwischen den Posamentern und dem Pädagogen. Ewig lebensfrisch, sozusagen: wie er am Bahnhof auf sein blitzblankblaues Töffli der Marke Batavus Go Go wartete und damit dann gleich fadengrad in einen Strassengraben fuhr; wie aber so ein Mofa Freiheits- und Alkoholräusche beförderte und die Freude am Verspritzen von Senf. Der Pipe in seinem Altersübermut ist ja dann wieder ziemlich hart auf dem Miststock gelandet. Aber zuvor hat auch er träumend die Welt etwas wärmer gemacht.
Er überlebt nun seinen Schöpfer. Yves Yersin, sein Regisseur, geboren in Lausanne, ein Meister des Bewahrens, starb am Donnerstag in Baulmes in seiner Waadtländer Heimat. Er wurde 76 Jahre alt.