Stärke 6
Sabine Boss, Suisse, 2013o
Une géologue allemande plonge dans le lac d’Uri sur commande du Service sismologique suisse. Au cours de la plongée, son partenaire et compagnon meurt dans des circonstances mystérieuses.
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Der gestrige SRF-Fernsehfilm «Stärke 6» griff ein brisantes Thema auf: Armeemunition, entsorgt in Schweizer Seen. Ein reizvoller Anstoss für einen Fernsehfilm.
Fernsehfilme von SRF spielen meistens auf dem Land, egal, ob es sich um Alzheimerdrama oder Beziehungskomödie handelt. Das garantiert Quote, schliesslich lebt die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung in einem ländlichen Umfeld. Auch gestern setzte man auf diese Strategie, der Sonntagabendfilm (Regie: Sabine Boss) kam aus dem schönen Brunnen im Kanton Schwyz.
Gleich die ersten Bilder zeigten die Axenstrasse und den Vierwaldstättersee. Es folgte ein Bauernhof samt Miststock, sogar einen Hahn liess man im Off krähen. Der idyllische Handlungsort wurde für einmal aber von der Story gestützt. Es ging um Armeemunition auf dem Boden des Urnersees, die nach einem Felssturz freigelegt wurde. Auf einem Tauchgang kam so der Lebenspartner der deutschen Geologin Mara Graf ums Leben, worauf die Polizei Mara des Mordes verdächtigte.
Der wahre Bösewicht
Fast schlimmer noch: Bei einer nächsten Explosion drohte ein Tsunami. Wie bitte, ein Tsunami im Vierwaldstädtersee? Doch, das ist möglich. Nach dem Erdbeben vom 18. September 1601 entstanden Tsunamis im Vierwaldstättersee mit vermutlich bis zu 4 Meter hohen Flutwellen. Ein weiteres solches Ereignis soll im Jahr 1687 stattgefunden haben. Und so stiegen im gestrigen Fernsehfilm riesige Sauerstoffblasen aus den dunklen Tiefen des Vierwaldstättersees auf. Auf Computerbildschirmen schlugen derweil Seismografen aus.
Man kennt solche Bilder aus den Expositionen von Katastrophenfilmen. Freilich kam es dann nicht zum Riesentsunami, aber immerhin zu Szenen, die man aus dem «Weissen Hai» in Erinnerung hat. Die Behörden versuchten, die Situation zu verharmlosen und zu vertuschen, weil Sommerferien und Touristenanreise anstanden. Der wahre Bösewicht, das stellte sich schnell heraus, war aber ein Oberst beim Militär, der als Berater bei jener Firma tätig war, die die Munition im See versenkte hatte.
Zweiter Faktencheck: Ja, in Schweizer Seen liegen über 8000 Tonnen Armeemunition. Die Armee versenkte die Munition zum letzten Mal 1963 im Thunersee und 1967 im Urnersee. Der Bund birgt die Altlasten nicht, weil dies zu gefährlich wäre – die Munition könnte explodieren. Ausserdem würde eine Bergung Unsummen verschlingen.
Mischform aus Thriller und Drama
Dass man die versenkten Granaten zum Thema eines Films macht, ist eine interessante Idee. Zumal die Verknüpfung von Geschichte und Fiktion eine Strategie ist, die gerade dem Fernsehfilm zuträglich ist. Erwartet man von diesem im Vergleich zum Kinofilm doch, näher beim Zeitgeschehen und den Leuten zu sein. Weiter erlauben die kürzeren Produktionszeiten eine schnellere Reaktion auf gesellschaftliche Ereignisse (die Entscheidung des Bundes, die versenkten Granaten nicht zu bergen, wurde vor einem Jahr bekannt).
Originell, aktuell: «Stärke 6» war eine der besseren SRF-Eigenproduktionen. Auch die Schauspieler überzeugten, vor allem Claudia Michelsen als Mara Graf. Was man hinterfragen kann, war die Aufbereitung des Themas als Drama. Von Beginn an war klar, wer was im Schilde führt, die Handlung wurde so erwartbar. Hier die rechtschaffene Wissenschaftlerin, dort die geldgierigen Entscheidungsträger. Hätte die Geschichte weniger linear und mit überraschenden Wendungen erzählt sein sollen? Das spannende Thema und die Geschichte, die klassische Thriller-Elemente wie Vertuschungen und einen Mordversuch beinhaltete, schrien förmlich danach. Tatsächlich: Angesichts der flauen Schweizer «Tatort»-Beiträge, hätte man aus dem Stoff auch einen «Tatort» machen können.