Dutti der Riese
Martin Witz, Suisse, 2007o
Le fondateur de la Migros, Gottlieb Duttweiler (1888-1962), est l'une des figures suisses les plus éblouissantes du XXe siècle. En tant qu'entrepreneur et homme politique, calculateur coriace et mécène généreux, tribun grondant et visionnaire, le fumeur de cigares obèse et conducteur de Toppolino a été aussi populaire que controversé des années 20 aux années 50. L'auteur et documentariste zurichois Martin Witz (The Substance, Gatesways to New York) lui rend hommage en retraçant la vie aventureuse de "Dutti" à l'aide d'un matériel visuel et audio foisonnant.
Dutti der Riese lebt von einem Reichtum an dokumentierter Firmen- und Lebensgeschichte, und fast übermässig diskret überlässt der Filmautor seinem Sujet das Wort. [...] Allerdings hat Martin Witz sein Material klug montiert: mit feiner Ironie gegenüber dem «Prinzip Migros», diesem gutgemeinten, patriarchalischen Angriff auf Herz und Portemonnaie (also auf die ganze «seelische Landschaft») der Hausfrau. [Auszug]
Christoph SchneiderGalerie photoso






Ein Dokumentarfilm erzählt vom Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler (1888-1962), einem leidenschaftlichen Macher und sozialen Kapitalisten.
Als die Migros 1950 fünfundzwanzig Jahre alt wurde, lud Gottlieb Duttweiler, ihr Gründer, Beherrscher und, wie man wohl auch sagen muss, Tyrann, zu einem Fest. Die Belegschaft kam per Schiff. Vom Rüschliker Ufer her schwamm Duttweiler ihr ein Stück entgegen, und er sah dabei ein wenig aus wie Jahre später der Vorsitzende Mao im Jangtse (was den Chinesen gewissermassen zum Nachahmer eines Selbstdarstellungsstils macht). Er liess sich filmen bei dieser Demonstration seiner sportlichen Rüstigkeit, und das ist nun eine der vergnüglichsten und erhellendsten Szenen im Dokumentarfilm Dutti der Riese von Martin Witz: dem Porträt eines jovialen Egomanen und Philanthropen, eines bescheidenen Eitlen mit dem Willen zur öffentlich gelebten Macht und dem Bedürfnis nach menschlichem Anstand.
Archive sind faszinierende Bergwerke. Es geht von ihnen ein Reiz des Authentischen aus. Dutti der Riese lebt von einem Reichtum an dokumentierter Firmen- und Lebensgeschichte, und fast übermässig diskret überlässt der Filmautor seinem Sujet das Wort. Das ist wörtlich zu nehmen: In aufgezeichneten Monologen - eine Manie Duttweilers, hier zum ersten Mal öffentlich gemacht - übernimmt der Migros-Gründer selbst oft die Rolle eines Erzählers und praktischen Philosophen des «sozialen Kapitals». Allerdings hat Martin Witz sein Material klug montiert: mit feiner Ironie gegenüber dem «Prinzip Migros», diesem gutgemeinten, patriarchalischen Angriff auf Herz und Portemonnaie (also auf die ganze «seelische Landschaft») der Hausfrau. Da wird kein Riese und leidenschaftlicher Macher einfach heiliggesprochen. Die Sympathie wahrt Distanz. Aber sie erweist einem Mann und Kämpfer Ehre, der die Begabung zum Selbstzweifel hatte und Machbares immer auf seinesoziale Verträglichkeit hin prüfte.
Der Dokumentarfilm Dutti der Riese ist eine Hommage an den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler. Persönlich erlebt hat ihn Jules Kyburz, der selber Karriere bei der Migros machte.
Rüschlikon. - 45 Jahre nach seinem Tod kommt Gottlieb Duttweiler in die Kinos. Dutti der Riese heisst der Dokumentarfilm von Martin Witz über den Migros-Gründer, der viel mehr war als ein genialer Unternehmer. Duttweiler (1888-1962) wirkte auch als Politiker und Philosoph, als Zeitungsmacher und Mäzen. Der umtriebige Dutti, der in Rüschlikon wohnte, erlangte nationale Berühmtheit. Mit seinem temperamentvollen Wesen polarisierte er die Menschen und spaltete die Schweiz in zwei Lager. Für seine Bewunderer war Dutti ein Humanist und Weltverbesserer, für seine Kritiker ein Querulant und Selbstdarsteller. Zweifellos gehörte Dutti zu den einflussreichsten und spannendsten Figuren der Schweiz im vergangenen Jahrhundert.
Weiterbildung mit Dutti persönlich
Einer, der den Film an einer Vorvisionierung bereits gesehen hat, ist Jules Kyburz. Der frühere Migros-Chef hat auch Duttweiler persönlich gekannt. «Er war ein ständiger Unruheherd, er hatte dauernd neue Ideen», erinnert sich der 75-jährige Kyburz, der in Rüschlikon lebt. «Dutti war ein Revoluzzer, der den Alltag des Establishments störte.» Kyburz, der schon als Kind davon träumte, bei der Migros zu arbeiten, lernte Duttweiler Mitte der Fünfzigerjahre kennen, anlässlich eines Weiterbildungskurses in Rüschlikon. Laut Kyburz hatte Duttweiler die Angewohnheit, am Ende solcher Schulungen vorbeizuschauen: Eine Viertelstunde lang erzählte er über die neusten Entwicklungen im Unternehmen, dann stand er für Fragen zur Verfügung.
Die Begegnungen mit Duttweiler schildert Kyburz als grosse Momente. «Es war ein eindrückliches Erlebnis, wenn dieser grosse Mann mit seinem Fiat-Topolino kam.» Kyburz, 1959 Marktleiter des Migros-Markts in Zug geworden, blieb in Kontakt mit dem Chef. Auch weil Duttweiler und seine Frau Adele einmal im Monat die Filiale in Zug besuchten. «Dutti wollte die Kunden spüren», erklärt Kyburz, «er wollte wissen, was an der Front läuft.»
«Meine Identifikationsfigur»
Kyburz erlebte Duttweilers letzte Jahre. Dutti habe immer noch enorm viel gearbeitet. «Er war aber ausgebrannt», sagt Kyburz. Duttweiler bekam noch mit, wie die Migros erstmals einen Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Franken erzielte. Dann legte er den Grundstein für das spätere Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) in Rüschlikon, ein Forschungszentrum für wirtschafts- und sozialpolitische Fragen. Kurze Zeit später - am 8. Juni 1962 - starb Duttweiler. «Mit dem Tod von Dutti verlor ich meine Identifikationsfigur», sagt Kyburz, der wie sein Vorbild Karriere machte bei der Migros. Kyburz stand viele Jahre dem Unternehmen vor, zuerst als Geschäftsführer, danach als Präsident des Verwaltungsrats. Kyburz, der die Migros-Multimarktläden lanciert hatte, ging 1994 in Pension.
Heute ist die Migros ein Grossunternehmen, das knapp 80 000 Mitarbeitende beschäftigt und jährlich einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Franken erzielt.
Selbstgespräche im O-Ton
Der Erfolg seiner Idee liess Duttweiler im Alter nachdenklicher werden. Ihn plagten zunehmend Zweifel an der Konsumgesellschaft, die er selber mitgeschaffen hatte. Diese Lebensphase veranschaulicht der Dokumentarfilm von Martin Witz auf eindrückliche Weise, indem er private Tonaufnahmen von Duttweilers Selbstgesprächen erstmals öffentlich macht. Der Film lebt aber auch von vielen Fotos und Filmen aus dem Familienarchiv. Er zeigt immer wieder den begnadeten Selbstdarsteller, der nach dem Motto lebte: «Wenn es allen gut geht, geht es auch mir gut.»
Der frühere Migros-Chef Kyburz spricht von einem hochinteressanten Zeitdokument. Dem Film gelinge es sehr gut, die Persönlichkeit von Dutti darzustellen.