Perfetti sconosciuti
Paolo Genovese, Italie, 2016o
Chacun de nous a trois vies : une vie publique, une vie privée et une vie secrète. Il fut un temps où notre vie secrète était bien protégée, archivée dans notre mémoire. À présent, elle est dans notre carte SIM, mais qu'arriverait-il si cette dernière se mettait à parler ?
Die erfolgreichste italienische Komödie des Jahres 2016 wurde in den Jahren danach zum globalen Phänomen: Bis heute soll es mehr als 20 nationale Remakes des Films geben, von denen viele ihrerseits zu Kassenschlager wurden – so auch die deutsche Version Das perfekte Geheimnis, die auf 250'000 Kinoeintritte allein in der Schweiz kam. Warum diese perfekte Welle? Weil Perfect Strangers, so der internationale Titel, vom Fluch des erfolg- und folgenreichsten Konsumprodukts des bisherigen 21. Jahrhunderts handelt: Sieben langjährigen Freund:innen, drei davon Paare, beschliessen bei einem Essen, ihre Handys auf den Tisch zu legen und alle Nachrichten und Anrufe, die an diesem Abend eingehen, laut vorzulesen oder über den Lautsprecher mitzuhören. Natürlich fördert die fatale Idee nicht nur reihenweise Peinlichkeiten, Heimlichkeiten und alle Arten von handfestem Betrug zu Tage, sondern führt auch zu immer tieferen Zerwürfnissen, bis das Komische ins Tragische kippt. Damit ein derartiger Entlarvungsreigen funktioniert, braucht es eine Häufung von Krisenfällen an der Glaubwürdigkeitsgrenze. Die italienische Originalversion der Geschichte hat dabei den Vorteil, dass sie mit Persönlichkeiten wie Alba Rohrwacher und Marco Giallini einnehmend besetzt ist und das mühelose italienische Parlando die Redseligkeit und räumliche Beschränkung der Handlungsanlage elegant drapiert. Zudem schaffen der Regisseur Paolo Genovese und sein Team nach dem Stimmungsumschwung ein offenes Ende von schillernder Vieldeutigkeit: Welchen Preis hat die buchstäbliche Un-heimlichkeit des Handyzeitalters und wie weit sind wir gewillt, die damit einhergehenden Vertrauensverluste unter den Tisch zu kehren?
Kerstin Blank