Cloud Atlas
Lilly Wachowski, Lana Wachowski, Tom Tykwer, Allemagne, USA, R.A.S. Chinoise De Hong Kong, Singapour, 2012o
À travers une histoire qui se déroule sur cinq siècles dans plusieurs espaces temps, des êtres se croisent et se retrouvent d’une vie à l’autre, naissant et renaissant successivement… Tandis que leurs décisions ont des conséquences sur leur parcours, dans le passé, le présent et l’avenir lointain, un tueur devient un héros et un seul acte de générosité suffit à entraîner des répercussions pendant plusieurs siècles et à provoquer une révolution. Tout, absolument tout, est lié. (TMDB)
Die sechs Stränge aus David Mitchells Roman haben die Wachowskis und Tykwer kleingeschnippelt und zu einem Film montiert, der wie ein dreistündiger Trailer wirkt. Dabei strapazieren sie das Thema Seelenwanderung und lassen die Figuren Kalendersprüche von sich geben. Tom Hanks und Halle Berry spielen je sechs Rollen, doch am beeindruckendsten ist die Arbeit der Maskenbildner.
Thomas BodmerDavid Mitchells Roman «Cloud Atlas» galt als unverfilmbar. Und doch ist es gelungen, die mehrsträngige, über 500 Jahre reichende Zeitreise in magisches Kino zu verwandeln, das nun auch via DVD zu erleben ist. Insgesamt sechs Geschichten werden erzählt: Ausgehend von dem Engagement des Anwalts Adam Ewing (Jim Sturgess) gegen Sklaverei am ausgehenden 18. Jahrhundert springt der Film zu einem Zeitpunkt beinah hundert Jahre später und zu dem jungen Komponisten Robert Frobisher, dessen «Wolkenatlas-Sextett» nach seinem Freitod in die Hände seines ehemaligen Geliebten fällt. In den 1970er Jahren dann sollen der Journalistin Rey (Halle Berry) die Pläne eines defekten Kernreaktors übergeben werden, doch der Überbringer wird ermordet. Zufällig fällt der Reporterin auch die Partitur Frobishers in die Hände. Im Austausch gegen diese erhält Rey die brisanten Dokumente – und liefert ihre erste grosse Story ab. Düstere Vorahnungen schliesslich bietet die mögliche Zukunft: Während im Jahr 2144 ein weiblicher Klon gegenüber einer skrupellosen Menschheit um die Freiheit kämpft, beherrscht im 106. Winter nach der Apokalypse Kannibalismus die Insel, von welcher sich der Ziegenhirte Zachary (Tom Hanks) zuletzt nur mithilfe des hochtechnisierten Volkes der sogenannten Prescients retten kann. Indem die Montage die einzelnen Erzählstränge motivisch miteinander verwebt, entsteht ein opulentes Weltepos, zu dessen Entstehung man gern mehr erfahren hätte. Doch lediglich Aufnahmen von der Berlin-Premiere und den Filmtrailer gibt das Bonusmaterial her. Da der Film seine Tiefe erst nach mehrmaligem Sehen voll entfaltet, lohnt sich die Anschaffung der DVD trotzdem allemal.
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Der Bestseller «Cloud Atlas» galt als unverfilmbar. Nun haben sich die «Matrix»-Macher an den Stoff gewagt.
«Was zur Hölle soll das?», schnaubte Rock Hudson, als er 1968 Kubricks «Space Odyssey» sah. Dann stand er auf und verliess während des Films das Kino.
Wer den Trailer zu «Cloud Atlas» sieht, dem ergeht es ähnlich. Im neuen Film der «Matrix»-Macher, der von «Space Odyssey» inspiriert sein soll, kommen Eingeborene, Klone, Ausserirdische und schottische Gangster vor. Ausserdem Raumschiffe, Segelschiffe und ein VW Käfer. Schauspieler wie Halle Berry oder Tom Hanks verkörpern verschiedene Figuren in verschiedenen Zeitperioden. Der Slogan zum Durcheinander: «Wir sind alle miteinander verbunden.»
Gigantischer Trailer
«Cloud Atlas» ist die ehrgeizige Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von David Mitchell. Eine Inhaltsangabe ist fast unmöglich; wie der Roman erzählt der Film sechs Schicksale in einem Zeitraum von 500 Jahren. Wir begegnen einem Anwalt, der sich im 19. Jahrhundert gegen die Sklaverei stellt. Hundert Jahre später hadert ein junger, schwuler Komponist mit Kunst und Gesellschaft. Dann deckt in den 1970er-Jahren eine Journalistin einen AKW-Skandal auf. In der Jetztzeit begleiten wir einen glücklosen Verleger und in der Zukunft lehnen sich eine geklonte Südkoreanerin und ein postapokalyptischer Buschmann gegen ihr Schicksal auf.
Mitchells Roman ist ein fulminantes Spiel mit Genres und literarischen Konventionen, mit dem Ziel, durch formale Brüche eine inhaltliche Einheit zu schaffen: Der Mensch als Gesamtkunstwerk, das unabhängig von Zeit und Raum existiert. Auch der Film geht in diese Richtung, doch trotz dreistündiger Spielzeit hat man das Gefühl, einem gigantischen Trailer beizuwohnen. Wo Mitchell die Handlungsstränge elegant über die Länge des Buchs spiegelt (numerisch ausgedrückt: 1,2,3,4,5,6,5,4,3,2,1), springt der Film hektisch von Figur zu Figur.
Als verbindendes Element zwischen den unzähligen Ebenen setzen die Regisseure die gleichen Schauspieler für verschiedene Figuren ein. Doch der Kunstgriff misslingt – die endlose Aneinanderreihung der Episoden ist ermüdend. Ausserdem rätselt man so nicht über die Conditio humana, sondern die banale Frage: Welcher Star versteckt sich unter welcher Schminke?
Natürliche Ordnung der Dinge
Vielleicht wäre der epische Stoff im Serienformat dramaturgisch besser aufgehoben gewesen. Optisch aber gibt es am Film nichts auszusetzen. Die aufwendig inszenierten Welten fliessen elegant ineinander, die Actionszenen aus dem düsteren «Neu-Seoul» im Jahr 2144 könnten «Blade Runner» entnommen sein.
Worüber sich Zuschauer und Kritiker streiten werden, ist die Botschaft des Films. Aufs Neue wird einem eingebläut, dass Grenzen hier sind, um sie zu überschreiten, dass Inkarnation möglich ist und dass es keine natürliche Ordnung der Dinge gibt und Revolution wenn immer denkbar angezeigt ist. Und vor allem: Dass der menschliche Faktor eine universelle Konstante ist. Alles ist eins, alles fliesst. Doch ironischerweise fühlt sich der Zuschauer ob so viel feierlicher Menschelei von den Figuren entzweit. Und so spielt die einzige berührende Szene in einem Pub, wo Fussball-Hooligans ein paar Rentner in Schutz nehmen, die aus dem Heim entlaufen sind.
Kubrick verzichtet in «Space Odyssey» auf herkömmliche Erzählmuster und überlässt den Zuschauer sich selbst – mit dem Resultat, dass wir über unseren Platz im Universum nachdenken. Auch «Cloud Atlas» verzichtet auf gewohnte Erzählmuster. Was der Film fatalerweise nicht verweigert, sind Antworten, die dann erst noch trivialphilosophisch ausfallen. «Was ist das Leben anderes als ein Tropfen im Ozean?», wirft ein Reaktionär einem modernen Geist an den Kopf. Replik: «Was zur Hölle soll das?»
So ists natürlich nicht. Die Antwort lautet: «Was ist der Ozean anderes als eine Vielzahl an Tropfen?» Rock Hudson hätte das gefallen.