Al-Shafaq
Esen Işık, Suisse, Turquie, 2019o
Abdullah a perdu son fils dans la «guerre sainte». Il voyage de la Suisse à la frontière turco-syrienne pour l'enterrer. C'est là qu'il rencontre Malik, un garçon syrien sans famille. Cette rencontre devient une chance fatale pour eux deux.
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Warum werden Jugendliche zu Jihadisten? Die schweizerisch-türkische Regisseurin Esen Isik zu dieser Frage «Al-Shafaq» gedreht.
In Ihrem Film sprechen Sie sehr unterschiedliche Themen an: jugendliche Jihadisten, das Spannungsfeld zwischen alter und neuer Welt, in der sich Einwanderer bewegen, das Patriarchat, aber auch das Leid, das durch Krieg entsteht. Hätten Sie nicht genug Stoff für eine Serie gehabt?
Wahrscheinlich schon. Aber diese Themen spielen alle zusammen. Ich wollte aufzeigen, dass die Thematik von Jugendlichen, die als Jihadisten in den Krieg ziehen, komplex ist und es keine einfachen Antworten gibt.
Gab es einen persönlichen Auslöser für Sie?
Der Neffe einer Bekannten flog in die Türkei, wo ihn seine Familie in letzter Minute an der syrischen Grenze zurückholen konnte. Da habe ich mich gefragt, warum machen Jugendliche das? Anfangs dachte ich, das sind nur Leute aus dem radikalen Milieu, aber viele sind gut integrierte Jugendliche. Und etwa die Hälfte sind Konvertiten. Beides hat mich schockiert.
In «Al-Shafaq» radikalisiert sich der junge Burak. Auf seine Ausreise reagieren der Vater und die Mutter sehr unterschiedlich.
Die Mutter sagt, sie werde ihm nie vergeben können, dass er an kriegerischen Handlungen teilgenommen hat, selbst wenn Allah das tut. Das ist die Wut, die ich auch selber fühle angesichts des Leides, das angerichtet wird.
Im Film kommen auch zwei Staatsanwälte vor, welche die Familie nach dem Verschwinden des Sohnes um Hilfe bittet. Diese wirken sehr hilflos.
Anfangs erhofft sich die Familie durchaus Hilfe, aber als sie merkt, dass die Beamten die radikale Szene überwacht haben und vielleicht sogar wussten, dass Burak ausreisen wollte, wird sie wütend. Diese Wut fühlen viele Familien, weil sie sich fragen: «Warum hat der Staat nichts unternommen, um unsere Kinder an der Ausreise zu hindern?»
Finden Sie, die europäischen Staaten trifft eine Mitschuld?
Ja. Ich möchte bei diesem Punkt sehr präzise sein: Die radikalislamische Szene ist sehr klein, aber sehr laut und bekommt deswegen Gehör, auch dank der sozialen Medien. All diese Vereine, Firmen, Stiftungen und Hassprediger im Schutz der Moscheen, die in diese Richtung gehen, werden aus dem Ausland finanziert, von Saudiarabien, der Türkei, Katar oder dem Iran. Welche politischen Absichten verfolgen diese Länder wohl? An Orten, die von diesen Ländern Geld bekommen, wird sicher nicht über demokratische Strukturen, Gleichberechtigung und Menschenrechte geredet. Man darf da nicht naiv sein!
Was müsste also getan werden?
Die Frage ist: Wer gibt die Religion weiter? Sie ist ja Teil des kulturellen Erbes und bereits für die Kinder von elementarer Bedeutung. Weil aber anerkannte Übersetzungen des Korans fehlen, bleibt die Vermittlung des Glaubens den Predigern vorbehalten, die sie mit ihrer eigenen Haltung prägen. Dem muss man entgegenhalten. Darum ist es auch wichtig, einen übergreifenden Religionsunterricht in der Schule zu verankern.